Montag ist Kolumnentag bei WirtschaftsWoche Gründer. In regelmäßiger Folge berichten Start-ups, die sich in den über das ganze Land verteilten Digital Hubs engagieren, aus ihrem Ökosystem. Heute berichtet Christian Schläger, Mitgründer von Build38, das mobile Applikationen von Banken oder Versicherungen absichert. Das junge Unternehmen ist Teil des InsurTech Hubs in München. Schläger schwärmt von München als Mekka der Versicherungswelt – aber bemängelt eine fehlende Offenheit der Behörden.
Ihr seid Teil des InsurTech Hub München. Warum?
Am wertvollsten sind die Kontakte in die Versicherungsunternehmen, die uns der Hub ermöglicht. Das ist eine ganz andere Kontaktaufnahme mit den Konzernen. Das Netzwerk ist sehr eng, es läuft viel über persönliche Empfehlungen. Durch den direkten Draht tritt man nicht als jemand auf, der nur etwas verkaufen will, sondern als gleichberechtigter Partner. Der Hub leistet auch perfekte Vorbereitung über das Mentoring und die Trainings. Außerdem entstehen natürlich viele Kontakte über Events wie zum Beispiel die DIA, die Digital Insurance Agenda oder die Hub Unterstützung auf der ITC in den USA.
Was gefällt euch am Ökosystem vor Ort? Was sind die Stärken der Region?
München ist ein Mekka für Versicherungen. Für uns ist es die Branche, wo wir bei Konzernen den größten Nutzen der Digitalisierungsmaßnahmen sehen, um näher an die Kunden zu kommen. Banken sind schon relativ weit, aber viele Versicherungen fangen jetzt erst an und haben die Digitalisierung im Mobile App Bereich noch vor sich. Wir haben in Laufweite die Global Digital Factory der Allianz, die Versicherungsinnovatoren der Münchener Rück und viele Beratungsfirmen. Das ist optimal für den Kontaktaufbau. Außerdem hat München eine sehr starke Start-ups Szene, was für den gegenseitigen Austausch sehr hilft.
Woran mangelt es – und warum?
Der Zugang in den öffentlichen Sektor könnte besser sein. Es gibt viele Initiativen, zum Beispiel von der Bayerischen Staatsregierung, wo wir uns wünschen würden, dass Start-ups hier besser eingebunden werden und es mehr Co-Creation bei den eigenen Digitalisierungsangeboten gibt. Da ist der Zugang noch etwas dürftig. Außerdem würde es sicherlich helfen, gemeinsame Probleme der Branche auch gemeinsam anzugehen. Der Hub wäre hier ein idealer Nährboden für quasi-Standards für das gesamte Insurtech Netzwerk – Privacy, Security, Identity Management und Fraud Protection sind Themen, die alle brauchen und nutzen.
Was konntet ihr von anderen Gründern in der Region/im Hub lernen? Wie hat sich die Nähe zu anderen Gründern ausgezahlt?
Innerhalb des Hubs gibt es keine Berührungsängste. Für uns zahlt es sich sehr aus, dass wir als Cyber Security Anbieter unser Produkt mit den Produkten anderer Start-ups kombinieren können, zum Beispiel im Bereich Pannenhilfe oder einem Identity Provider Baustein. Je nachdem, wer dann Zugang zum Kunden hat, bietet die kombinierte Lösung an. In dem Fall ist eins plus eins dann größer als zwei.
Wie leicht findet ihr in eurer Region Mitarbeiter?
Das ist tatsächlich schwer hier. Der Wettbewerb um Talente ist extrem hoch, insbesondere wenn es um Programmierer und Sales geht. Wir konkurrieren mit großen Konzernen wie etwa BMW, Siemens oder Allianz, das ist sehr schwierig. Unser DevOps Team sitzt daher auch schon seit der Gründung in Barcelona.
Und wie steht es in eurem Ökosystem um den Zugang zu Kapital?
Jetzt zur Zeit ist das wegen Corona nicht so einfach, wir haben nun auch unsere nächste Finanzierungsrunde geschoben. Eigentlich hat München aber ein sehr aktives Netzwerk an VCs, die sich auch gegenseitig kennen und es gibt gute Veranstaltungen. Auch Business Angels sind in ausreichendem Maße vorhanden und hinzu kommen die Corporates mit ihren Acceleratoren und Ventures. Es ist an sich ein idealer Standort für ein Start-up. Ich habe mich selbst gewundert, wie wenig wir reisen mussten, um Finanzierungen einzusammeln.
Wie gut gelingt die Zusammenarbeit mit Mittelständlern und Konzernen?
Mit beiden sehr gut, auch wenn die Herangehensweise und Kontaktaufnahme oft eine andere ist. Im Mittelstand läuft immer noch viel über Veranstaltungen. Außerdem kommen Mittelständler oft mit einem konkreten Problem auf dich zu und suchen eine Lösung dafür. Der Kontakt bei den Konzernen läuft eher über die Digitalisierungseinheiten oder -abteilungen. Die sehen eine Lösung und überlegen dann, wo sie ein Problem haben oder sie zukünftig eins lösen können.
Würdet ihr euch von Behörden und Verwaltungen mehr Unterstützung wünschen?
Wir würden uns mehr gemeinsame Projekte im E-Government wünschen. Unterstützung der Öffentlichen Hand sollten es nicht nur als finanzielle Hilfen qua Standort geben, sondern auch mehr als Referenz und Proof of Concept. Es gibt so viele Schnittstellen zwischen Bürgern und Verwaltung wo es noch viel Verbesserungspotenzial gibt – gemeinsame Projekte mit dem Start-up Ökosystem vor Ort können da helfen. Als Start-up kommt man da schwierig gegen etablierte Anbieter an – die Hürden sind durch Zertifizierungen etc. oft hoch. Hier könnten Behörden und Start-ups viel mehr gemeinsam umsetzen.
Lest das Interview von Maike Engelmann mit Christian in der Wirtschaftswoche Gründer Forum hier!